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#postpunk

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Discogs-Dienstag: Peter Murphy – Tale Of The Tongue

Peter Murphy ist einer der prägensten Musiker in meinem Leben. Seine Stimme ist unverkennbar und charismatisch, genau wie seine Bühnenpräsenz. Als ich ihn und seine Band Bauhaus Mitte der 1980er Jahre kennenlernte, war die Band bereits Geschichte (1983) und auch sein Projekt Dalis Car mit dem Ausnahmebassisten Mick Karn (Japan) hatte er bereits beendet (1984). 1985 begann seine Solo-Karriere mit dem Pere Ubu-Cover „Final Solution“ als erste Single. 1986 folgte das Album „Should The World Fail To Fall Apart“ und die ebenfalls daraus ausgekoppelte Single „Blue Heart“. Und dann war da noch seine dritte Single, die nicht auf dem Album enthalten war, Tale Of The Tongue, bis heute eines meiner Lieblingslieder des „Godfather Of Goth“.

Ich hatte die Maxi damals nicht bekommen, ein Freund von mir hatte sie jedoch und überspielte mir diese auf Tape. Ich weiß gar nicht, ob ich die Kassette noch habe. 1996 kam dann ein Sampler heraus, Spirit Of The 80’s, Untertitel „Wave Klassiker und Underground Geheimtips“, auf dem auch „Tale Of The Tongue“ zu finden war. Da war ich schon mal glücklich, das Lied offiziell in meiner Sammlung zu haben. Später habe ich dann noch die Maxi-Single bei Ebay ersteigern können.

„Tale Of The Tongue“ ist nicht nur eine „Stand-Alone-Single“, es fällt auch musikalisch komplett aus der damaligen Zeit, was die Musik von Peter Murphy betrifft. Kein Wunder also, dass es nicht auf das Album passte. Textlich bewegt Mr. Murphy sich zwischen persönlicher Reflexion und Gesellschaftskritik. Die wiederkehrende Refrain-Zeile „The Street Still Screams“ wirkt wie ein Mantra, das gesellschaftliche Unruhe, Chaos und dumpfe Massenstimmen widerspiegelt, wie wir es gerade jetzt wieder erleben. Gleichzeitig wird uns der Träumer den Weg zuflüstern („So the dreamer speaks in time drunk wine, take the coming day, if I seem to lag behind, whisper me the way“).

Der Song ist atmosphärisch, minimalistisch und hypnotisch, mit kalten elektronisch wirkenden Drums (Terl Bryant), dunkler Basslinie (Eddie Branch) und schwebenden Gitarrenflächen (L. Howard Hughes, Peter Bonas). Peter Murphy singt teils gesprochen, teils beschwörend – wie ein Prophet oder Beobachter in einer dystopischen Landschaft. Aus meiner Sicht ein absolutes Meisterwerk, das völlig zu Unrecht nur wenig bekannt ist.

Leider hat Mr. Murphy zur Zeit wieder gesundheitliche Probleme, weshalb alle Auftritte für diesen Sommer abgesagt wurden, zum Beispiel der beim M’Era Luna in Hildesheim. Ich hatte bisher zweimal die Gelegenheit, ihn live zu erleben, am 19.04.1992 bei der WDR-Rocknacht in Düsseldorf und mit Bauhaus im Rahmen der Ressurection-Tour am 30.10.1998 im Hamburger Docks. Zwei weitere Versuche sind leider aufgrund von Absagen gescheitert. Hoffentlich bekomme ich nochmal die Gelegenheit, immerhin hat Peter Murphy gerade vor einem Monat sein elftes Studioalbum Silver Shade veröffentlicht.