Bekanntlich ist das Migrationsrecht der Inbegriff der bürokratischen Förmelei und Prinzipienreiterei. Zu den besonderen Absurditäten dabei gehört es, dass auch von Eltern von Kindern, die sich legal in Deutschland aufhalten oder sogar die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, die selbst aber noch keinen legalen Aufenthalt besitzen, verlangt wird, erst auszureisen und das Visumverfahren nachzuholen, bevor ihnen ein Aufenthaltstitel erteilt werden könne. Dieser ökonomische und ökologische Unsinn dient dazu, den Mythos von der angeblich notwendigen Kontrolle der Migration, für die das Visumverfahren angeblich notwendig sei, aufrechtzuerhalten.
Umso erfreulicher ist daher diese Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs #EuGH vom 08. Mai 2025, in dem der EuGH diesem Unfug jedenfalls für bestimmte Fallkonstellationen einen Riegel vorschiebt. Der EuGH hat schon mehrfach entschieden, dass aus Art. 20 AEUV ein Aufenthaltsrecht für solche Drittstaatsangehörige (= nicht EU-Staatsangehörige) folge, die in einem solchen Abhängigkeitsverhältnis zu einer*einem Familienangehörigen mit Unionsbürgerschaft führen, dass diese Person gezwungen wäre, das Gebiet der Union ebenfalls zu verlassen, wenn die*der Drittstaatsangehörige sie verlassen müsste, da diese Person dann in ihrem Recht, sich im Gebiet der Union aufzuhalten und zu bewegen, verletzt wäre.
Der EuGH stellt jetzt zum einen klar, dass das Aufenthaltsrecht aus Art. 20 AEUV kraft Gesetzes entsteht, dass es also keines entsprechenden Verwaltungsaktes einer Behörde wie der Erteilung eines Aufenthaltstitels hierfür bedarf. Besonders schön ist aber, dass der EuGH auch ausdrücklich entscheidet, dass das Recht nicht davon abhängig gemacht werden darf, dass ein Visumverfahren nachgeholt wird. Man darf gespannt sein, was die deutschen Verwaltungsgerichte sich einfallen lassen, um die Auswirkungen dieser Entscheidung möglichst gering zu halten und ihren Visumfetisch zu retten.
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